Der Mensch ist zwei

„Vermittelst der Sinnlichkeit also werden uns Gegenstände gegeben, und sie allein liefert uns Anschauungen; durch den Verstand aber werden sie gedacht, und von ihm entspringen Begriffe.“ formuliert der Königsberger Philosoph Immanuel Kant im Jahr 1778 (Kritik der reinen Vernunft, B 33).

 

Von den beiden Stämmen menschlicher Erkenntnis – Sinnlichkeit und Verstand – ist der Verstand – will er nicht im luftleeren Raum umher irren – immer auf die Sinnlichkeit angewiesen, die ihm das „angeschaute“ Material liefert. Der Verstand aber ordnet das Material. Bloße Anschauung – das durch die Sinne vermittelte Material – wäre wiederum ohne den Verstand „unverständlich“. Anschauungen ohne Begriffe sind blind. Auch die Sinnlichkeit wäre ohne den Verstand nichts.

 

Sinnlichkeit und Verstand wirken also bei der menschlichen Erkenntnis zusammen. Der Verstand formt den Rohstoff, den die Sinnlichkeit liefert, zu Begriffen und verbindet die Begriffe zu Urteilen. Der Mensch erschafft aus freiem Verstandesvermögen eine eigene Einheit, die seine Welt ist. Die Dinge selber erreicht er dennoch nicht.