In der Zeit der Physik ist sie die grundlegende Größe, über die sich (zusammen mit dem Raum) die Dauer von Vorgängen und die Reihenfolge von Ereignissen messen lassen.
Da sich „Zeit“ nicht auf grundlegendere Erscheinungen zurückführen lässt (die Zeit ist kein Gegenstand), wird sie über Verfahren zu ihrer Messung, über Messinstrumente (Uhren) definiert, wie es auch bei Raum und Masse der Fall ist. Die Relativitätstheorie spricht von einer vierdimensionalen Raumzeit. Es gilt, dass die Zeit in Abhängigkeit von der auf den Körper wirkende Schwerkraft unterschiedlich schnell vergeht. Dies lässt sich bereits im Verhältnis zum Aufenthalt auf der Raumstation ISS belegen. Zeit ist also nicht absolute, immer gleiche Größe, sondern, auch physikalisch gesehen, relativ.
Die genauesten Messinstrumente zur Bestimmung von Zeit sind Atomuhren, die auf atomaren Schwingungsprozessen beruhen. Damit ist eine relative Abweichung von einer Sekunde Abweichung in 30 Millionen Jahren erreichbar (Atomuhr in Braunschweig).
Die Zeit beschreibt in der Physik und in der Menschenwelt eine Abfolge von Ereignissen, hat also eine eindeutige, nicht umkehrbare Richtung.
In der Zeit der Menschen gibt es stets einen aktuellen „Ort“, den die Menschen, aber auch der einzelne Mensch, die Gegenwart nennen. Der „Ort“ ihres Aufenthaltes scheint sich unaufhaltsam von der Vergangenheit in Richtung Zukunft zu bewegen. Dieses Phänomen bezeichnet das Bewusstsein der Menschen auch als das „Fließen der Zeit“. Die Zeit gilt als Grundvoraussetzung der (menschlichen) Existenz. Ein Sein, ohne Zeitspanne, in dem es sich „abspielt“, sich ereignet, fließt, ist nicht vorstellbar. Die Zeit kann nicht still stehen, sonst endet das Sein.
Handelt es sich aber bei der Zeit um eine vom Menschen unabhängige physikalische Größe, die getrennt vom Menschen betrachtet werden kann? Oder ist die Zeit „menschengemacht“? Was aber bedeutete: menschengemachte Zeit?
Unsere intuitive Annahme, es gäbe eine von der eigenen Person, dem Bewusstsein unabhängige Zeit – eine absolute Instanz nach Art einer kosmischen Uhr -, die bestimmt, welchen Zeitpunkt wir alle gerade gemeinsam erleben, und die damit die Gegenwart zu einem objektiven uns alle verbindenden Jetzt macht, scheint bei genauem Hinsehen auch vor dem Hintergrund der relativen physikalischen Zeit unmöglich zu sein.
Das scheinbare Fließen der Zeit wird daher von vielen Physikern und auch Philosophen als Illusion des menschlichen Bewusstseins angesehen, als für das bewusste alltägliche Sein notwendige, aber dennoch rein subjektive Erscheinung.
Also: menschengemachte Zeitlichkeit? Hört sich dies doch zunächst überraschend fremd an. Bei genauerem Hinsehen dreht sich das Bild.
Menschengemachte Zeitlichkeit heißt: ein konkretes Sich-Erleben des Menschen in zeitlichen Abläufen. Gemeint ist die menschliche Zeiterfahrung. Die menschliche Zeiterfahrung setzt ein konkretes eigenes, bewusstes Erleben voraus:
Das Sich-Erleben in der Zeit, die Zeiterfahrung, setzt sich zusammen aus einer erfahrenen und bewahrten Vergangenheit, einer erwarteten Zukunft und einer Gegenwart, die beide Seiten unmittelbar zusammenbringt. Ohne verstandene Erfahrungen aus der Vergangenheit verbleibt man am Standort Null.
Die vergangene, gewesene Welt muss vom Menschen erschlossen und verstanden sein, erst dann erkennt er sich und seine Möglichkeiten. Erst dann kann gegenwärtiges Handeln folgen, indem das durchdachte Gewesene mit einer möglichen Zukunft zumindest intuitiv verbunden wird. Ohne Zeit-Erfahrungen ist eine bewusste Gegenwart genau wie eine gestaltete Zukunft nicht vorstellbar.
Der Mensch selber schafft die Zeit, in der er lebt, indem er versteht und behält.
Zeit ist also keine vom Menschen unabhängige physikalische Verrechnungseinheit. Er bringt sie selbst hervor. Ohne den Menschen keine Zeit, da die Verschränkung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft nur in ihm, seinem Bewusstsein, stattfindet. Das individuelle Zeiterleben, wie etwas als lange oder als „kurzweilig“ erlebt wird, unterscheidet sich stark. Unterschiedliche Kulturen weisen ein unterschiedliches kollektives Zeiterleben auf.
Nur er, der sich selbst und seine Umwelt betrachtende Mensch, hat ein Verhältnis zu seinem eigenen Sein in der Zeit.
Wir leben im Hier und Jetzt – für den bewussten Augenblick: „So ist denn das Heute kein für sich bestehender Zeitabschnitt, der überall hin abgeriegelt wäre. … Das Heute hat seine Herkunft im Gewesenen und ist zugleich dem ausgesetzt, was auf es zukommt.“ Martin Heidegger
Die modernen, digitalen Techniken folgen ausschließlich Rechenschritten, den binären Algorithmen. Sie erobern immer weitere Anwendungsgebiete, erlangen zunehmenden Einfluss.
In der digitalen Erlebniswelt verschmelzen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in eine permanente und beliebige Gleichzeitigkeit und Verfügbarkeit. Gewesenes, Gegenwart und Zukunft liegen für den Menschen in der digitalen Welt gleichwertig übereinander, immer abrufbar.
Wir erleben in vielen Bereichen eine komplette informelle Augenblicklichkeit und Allgegenwart. Handelt es sich um eine Beschleunigung des Menschen in der Zeit, ein schnelleres Fließen?